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Daimler muss in Deutschland knapp 200 Fahrzeuge der Mercedes S-Klasse auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) zurückrufen. Grund für den Rückruf ist, dass das KBA bei den Modellen eine unzulässige Abschalteinrichtung bzw. unzulässige Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems festgestellt hat, wie die Behörde am 19. August 2021 veröffentlichte.

Der Rückruf läuft unter dem Code 5497521 und betrifft Fahrzeuge der Mercedes S-Klasse der Baujahre 2010 bis 2013 mit dem Dieselmotor des Typs OM 651 und der Abgasnorm Euro 5. Nach Angaben des KBA sind weltweit 911 und in Deutschland vermutlich 193 Fahrzeuge von dem Rückruf betroffen.

Auch wenn die Zahl der Fahrzeuge, die in die Werkstatt müssen, damit die unzulässige Abschalteinrichtung entfernt wird, überschaubar ist, ist damit ein weiteres Kapitel im Mercedes-Abgasskandal aufgeschlagen. Nachdem das KBA seit 2018 Rückrufe für verschiedene Mercedes Modelle wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen angeordnet hat, war es diesbezüglich zuletzt deutlich ruhiger geworden. Nun muss Daimler erneut Modelle der Luxusklasse zurückrufen.

Daimler führt die Rückrufe bislang zwar durch, steht aber auf dem Standpunkt, keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verwendet zu haben. Daimlers Widerspruch gegen die Rückrufe hat das Kraftfahrt-Bundesamt allerdings zurückgewiesen. Der Autobauer hat zwar inzwischen auch Klage gegen die Rückrufe eingereicht, die dürfte aber nach Einschätzung von Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser kaum Aussicht auf Erfolg haben. „Damit spielt Daimler wohl auf Zeit, damit es sich noch in die Länge zieht bis die Rückrufe Rechtskraft erlangen. An der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung ändert das aber nichts. Zahlreiche Gerichte, unter anderem auch die Oberlandesgerichte Köln und Naumburg haben Daimler im Abgasskandal inzwischen zu Schadenersatz verurteilt“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Auch der Bundesgerichtshof hat den Druck auf Daimler im Abgasskandal erhöht. Der BGH hat mit Urteil vom 13.7.2021 deutlich gemacht, dass ein Gericht eine Klage nicht einfach als Vortrag ins Blaue hinein abweisen darf, wenn der Kläger hinreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung liefert (Az.: VI ZR 128/20).

In dem Verfahren ging es um einen Mercedes C 220 CDI mit dem Dieselmotor OM 651 und der Abgasnorm Euro 5. Der Kläger machte Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend. Neben einem Thermofester kämen noch weitere Abschalteinrichtungen zum Einsatz, u.a. die sog. Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung.

Der BGH bestätigte seine Auffassung, dass die Verwendung eines Thermofensters allein noch nicht ausreicht, um den Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zu begründen. Dies könne sich allerdings ändern, wenn weitere Umstände hinzutreten und z.B. gegenüber dem KBA im Typgengenehmigungsverfahren nicht alle notwendigen Informationen gemacht wurden. Der Kläger habe aber greifbare Anhaltspunkte zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vorgetragen. Dies müsse das Berufungsgericht neu bewerten, so der BGH und wies den Fall an das OLG Koblenz zurück.

„Die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung kommt in zahlreichen Mercedes-Modellen zum Einsatz und das KBA hat für verschiedene Modelle deshalb den Rückruf angeordnet. Der BGH hat nun deutlich gemacht, dass es sich bei der Funktion um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln könnte und die Käufer daher Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hätten“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

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