Der Bundesgerichtshof hat erneut die Rechte der Darlehensnehmer beim Thema Vorfälligkeitsentschädigung gestärkt: Am 20. Mai 2025 hat der BGH entschieden (Az. XI ZR 22/24), dass eine vielfach von Sparkassen verwendete Klausel zur Berechnung der Entschädigung unzureichend ist. Der Darlehensnehmer habe daher einen Anspruch auf Rückzahlung seiner bereits geleisteten Entschädigung. „Das Urteil kann weitreichende Folgen haben. Viele Sparkassen-Kunden können nun Anspruch auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung haben, die sie für die vorzeitige Ablösung ihres Darlehens geleistet haben“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.

Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr, die vom Kreditnehmer bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens während einer Sollzinsbindungsfrist an den Kreditgeber gezahlt werden muss. Sie dient als Schadensersatzanspruch der Bank und soll einen finanziellen Verlust ausgleichen. Die Berechnung der Entschädigung basiert auf gesetzlichen Vorschriften. Die Höhe der Entschädigung hängt vom jeweiligen Vertrag ab. In vielen Fällen sind die Verbraucher jedoch nicht ausreichend über diese Regelungen informiert, was zu Missverständnissen und gegebenenfalls zu ungerechtfertigten Zahlungen führt.

Berechnung muss klar und nachvollziehbar sein

Kreditinstitute können für die vorzeitige Ablösung eines Immobiliendarlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung als Ausgleich für die entgangenen Zinsen verlangen. Allerdings müssen sie gemäß § 502 BGB den Kunden klar und nachvollziehbar darlegen, wie sich die Entschädigung berechnet.

Ein Beispiel für die Berechnung der Entschädigung könnte verstehen helfen, wie die Banken agieren. Angenommen, ein Kreditnehmer hat ein Darlehen von 100.000 Euro mit einem Zinssatz von 3% über 15 Jahre abgeschlossen. Bei vorzeitiger Ablösung könnte die Bank eine Entschädigung berechnen, indem sie die entgangenen Zinsen für die restliche Laufzeit abzieht. Die genaue Berechnung kann jedoch variieren und hängt von der jeweiligen Bank und den vertraglich festgelegten Klauseln ab.

Geleistete Entschädigung kann zurückverlangt werden

Diese neuen Urteile des BGH zeigen, dass Bankkunden ein stärkeres Recht auf Rückforderungen haben. Diese Entwicklung ist besonders relevant für diejenigen, die vor 2025 Darlehen aufgenommen haben. Es ist ratsam, sich rechtzeitig über die eigenen Ansprüche zu informieren und im Zweifelsfall rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Die Banken und Sparkassen haben offensichtlich Schwierigkeiten, die Berechnung klar und nachvollziehbar darzulegen. Nachdem der BGH erst am 3. Dezember 2024 eine von Volksbanken verwendete Klausel zur Berechnung der Entschädigung für unzureichend erklärt hat, hat er nun auch eine Klausel der Sparlassen für nicht hinreichend transparent erachtet. Konsequenz ist, dass Volksbanken und Sparkassen, die die entsprechenden Klauseln verwendet haben, ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verloren haben und Darlehensnehmer eine bereits geleistete Entschädigung zurückverlangen können“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Punkt 10.2 des Darlehensvertrages ist falsch

In dem aktuellen Verfahren hatte ein Verbraucher im August 2016 mit einer Sparkasse einen Vertrag über ein Immobiliendarlehen in Höhe rund 135.000 Euro und einer Zinsbindung bis 2026 geschlossen. Der Verbraucher löste das Darlehen  vorzeitig ab und zahlte dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung  in Höhe von 7.600 Euro an die Sparkasse. Im Darlehensvertrag war unter Punkt 10.2 u.a. ausgeführt, dass die Berechnung der Entschädigung nach der sog. Aktiv/Passiv-Methode erfolgt. Dabei lege die Sparkasse die vorzeitig zurückgezahlten Darlehensbeträge in sichere Kapitalmarkttitel wie Pfandbriefe der Deutschen Bundesbank an.

Der Kläger hielt die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung für intransparent und damit für unzulässig. Daher forderte er seine bereits geleistete Entschädigung zurück.

Ein wichtiger Aspekt ist die Transparenz in der Kommunikation zwischen den Verbraucher und der Bank. Viele Verbraucher sind sich nicht bewusst, dass sie das Recht auf eine klare und verständliche Erklärung der Berechnungsgrundlagen haben. Diese Informationen müssen proaktiv bereitgestellt werden, um Vertrauen zu schaffen und Missverständnisse zu vermeiden.

Zusätzlich zur Rückforderung können Verbraucher auch darüber nachdenken, wie sie zukünftige Entschädigungen vermeiden können. Dazu gehört eine sorgfältige Prüfung der Vertragsbedingungen sowie das Einholen unabhängiger Beratung, bevor sie einen Darlehensvertrag unterzeichnen. Es ist wichtig, alle Klauseln genau zu verstehen und nicht nur auf das offensichtlichste zu achten.

BGH stärkt Verbraucher

Der BGH gab dem Verbraucher recht und entschied, dass die entsprechende Vertragsklausel nicht den gesetzlichen Anforderungen an Transparenz genüge. Er führte aus, dass bereits im Darlehensvertrag klar und verständlich dargelegt sein muss, wie die Bank die Entschädigung berechnet. Dies bedeute, dass die Methode nachvollziehbar erklärt und die konkreten Berechnungsfaktoren benannt werden müssen. Die Sparkasse habe aber lediglich auf die Aktiv/Passiv-Methode verwiesen, bei der die vorzeitig zurückgezahlten Mittel fiktiv in Pfandbriefe reinvestiert werden. Eine detaillierte Erläuterung, wie genau etwa Zinsdifferenzen, Abzinsung, Risikoabschläge oder Sondertilgungsrechte in die Berechnung einfließen, fehle jedoch. Daher seien die Angaben unzureichend.

Kreditnehmer sollten auch darauf achten, dass Banken verpflichtet sind, ihre Berechnungsmethoden offen zu legen. Bei Unklarheiten kann es hilfreich sein, die Bank um eine detaillierte Erklärung zu bitten oder rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass die Entschädigung rechtmäßig und fair berechnet wird.

Darstellung unzureichend

Aufgrund dieser unzureichenden Darstellung habe die Sparkasse ihren gesetzlichen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verloren, so dass der Verbraucher einen Rückzahlungsanspruch habe, machte der BGH deutlich.

Nicht nur Sparkassen und Volksbanken betroffen

Die Rechtsprechung des BGH zeigt, dass Kreditinstitute die Berechnung einer ntschädigung transparent und nachvollziehbar darlegen müssen. „Dabei sind nicht nur den Sparkassen und Volksbanken Fehler unterlaufen. Für Verbraucher bedeutet dies, dass sie bereits gezahlte Entschädigungen zurückverlangen können, wie die Rechtsprechung des BGH deutlich macht“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Mehr Informationen: https://www.ingogasser.de/vorfaelligkeitsentschaedigung-zurueckverlangen/. Dieses Thema ist von großer Bedeutung für viele Verbraucher, die möglicherweise Anspruch auf Rückzahlungen haben, und es ist wichtig, sich über die eigenen Rechte zu informieren. Die Thematik rund um die Vorfälligkeitsentschädigung sollte ernst genommen werden, und im Zweifel ist eine rechtliche Prüfung ratsam.

Dr. Ingo Gasser I Rechtsanwalt

Dr. Ingo Gasser im Portrait

Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser ist seit über 30 Jahren im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht tätig und gelernter Bankkaufmann. Er ist seit vielen Jahren Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Bank- und Kapitalmarktrecht“ des Deutschen Anwaltsvereins und auf den Gebieten des  Anlegerschutzes und des Kapitalanlagerechts bundesweit tätig. Seine Expertise in diesem Bereich ist unvergleichlich, was ihn zu einem wertvollen Ansprechpartner für Fragen rund um die Vorfälligkeitsentschädigung macht.

ingogasser.de

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