Was versteht man unter einem Nachrangdarlehen?

Ein Nachrangdarlehen ist eine Form von Darlehen oder Kredit, bei der der Gläubiger im Falle einer Insolvenz des Schuldners erst nach allen anderen Gläubigern bedient wird. Das bedeutet, dass im Falle einer Insolvenz des Schuldners zunächst alle anderen Gläubiger bedient werden, bevor der Gläubiger des Nachrangdarlehens an der Reihe ist.

Im Gegensatz zu einem vorrangigen Darlehen hat der Gläubiger eines Nachrangdarlehens ein höheres Ausfallrisiko, da im Falle einer Insolvenz des Schuldners oft nicht genügend Vermögenswerte vorhanden sind, um alle Gläubiger vollständig zu bedienen. Aufgrund des höheren Risikos erheben Gläubiger von Nachrangdarlehen oft höhere Zinsen als bei vorrangigen Darlehen.

Warum Nachrangdarlehen?

Nachrangdarlehen werden häufig von Unternehmen genutzt, um zusätzliches Kapital aufzubringen, ohne dass sie zusätzliche Sicherheiten bereitstellen müssen. Sie können auch von Privatpersonen ausgegeben werden, die anderen Privatpersonen oder Unternehmen Geld leihen möchten.

Welches Risiko beinhaltet ein Nachrangdarlehen ?

Nachrangdarlehen beinhalten das Risiko, dass die Darlehensgeber nachrangige Insolvenzgläubiger sind. Das ergibt sich aus § 39 Insolvenzordnung:

(1) Im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger werden in folgender Rangfolge, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge, berichtigt:

1.-4. …

5. nach Maßgabe der Abs. 4 und fünf Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschaftersdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Forderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachgang im Insolvenzverfahren vereinbart worden ist, werden im Zweifel nach den in Abs. 1 bezeichneten Forderungen berichtigt.“

Zusätzlich unterscheidet man zwischen einem einfachen Rangrücktritt und einem qualifizierten Rangrücktritt. Bei dem einfachen Rangrücktritt erfolgt eine nachgeordnete Befriedigung in der Insolvenz, § 39 Abs. 2 InsO. D. h., der Insolvenzverwalter erbringt im Insolvenzfall Zahlungen erst dann, wenn die vorrangigen Gläubiger befriedigt sind.


Der qualifizierte Rangrücktritt enthält den einfachen Rangrücktritt und zusätzlich eine vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre.


Daraus resultiert ein erhebliches Risiko für die betroffenen Anleger. Die Position der Anleger ist im Insolvenzfall deutlich schlechter als diejenige eines sonstigen Gläubigers. Deswegen ist stets zu prüfen, ob die Nachrangklausel wirksam vereinbart wurde.

Ein Schreibtisch mit einem Gerichtshammer und Unterlagen. Zwei Männer prüfen, ob ein Nachrangdarlehen gültig ist.

Anlegerschutz bei Nachrangdarlehen

Seit dem 10.7.2015 sind unverbriefte Nachrangdarlehen Vermögensanlagen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 Vermögensanlagegesetz (VermAnlG).

Nach § 6 VermAnlG besteht eine Prospektpflicht. Diese zieht eine spezialgesetzliche Prospekthaftung nach §§ 20 ff. VermAnlG nach sich.

AGB-rechtliche Vorschriften des BGB

Darüber hinaus besteht Anlegerschutz durch die AGB-rechtlichen Vorschriften des BGB. Die AGB-rechtlichen Vorschriften des BGB finden allerdings keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (§ 310 Abs. 4 S. 1 BGB). Maßgeblich ist die rechtliche Einordnung des Nachrangkapitals als stille Beteiligung oder bloßes schuldrechtliches Gläubigerrecht (Darlehen, Genussrecht).

Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist, ob ein gemeinsamer Zweck vorliegt. Liegt ein gemeinsamer Zweck vor, handelt es sich um eine stille Beteiligung im Sinne des § 230 HGB, auf die die AGB-rechtlichen Vorschriften des BGB nicht anwendbar sind. Liegt hingegen kein gemeinsamer Zweck vor, handelt es sich um einen bloßen Darlehensvertrag bzw. ein Genussrecht und die AGB-rechtlichen Vorschriften sind anwendbar.

Sind die AGB rechtlichen Vorschriften anwendbar, stellt sich die Frage, ob die Nachrangvereinbarung als überraschende Klausel im Sinne des § 305c BGB anzusehen ist, sodass diese nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

Inhaltkontrolle nach § 307 Abs.3 S.1 BGB

Darüber hinaus ist die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs.3 S.1 BGB eröffnet. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Leistungsinhalt eines Darlehensvertrags in den §§ 488 ff. BGB explizit geregelt. Die Vereinbarung eines Rangrücktritts stellt eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften dar. Diese darf gemäß § 307 Abs. 1 BGB den Anleger nicht unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung (auch bei einem Nachrangdarlehen) kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs.1 S.2 BGB).

Interessenabwägung erforderlich

Diese Vorschrift ermöglicht im Einzelfall die Durchsetzung des Anlegerschutzes. Erforderlich ist eine Interessenabwägung. Abzuwägen sind die Interessen des Emittenten einerseits und die Interessen des Anlegers andererseits. Die Interessen des Emittenten sind regelmäßig dann nachrangig, wenn zum Beispiel die Nachrangklausel für den Finanzierungszweck ungeeignet ist. Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser berät geschädigte Anleger, ob ihr Nachrangdarlehen wirksam vereinbart wurde.



Einige Beispiele für Anlegerschutz in Bezug auf Nachrangdarlehen:

Multi Asset Anspar Plan 4 180 GmbH & Co. KG und Multi Asset Anspar Plan 4 240 GmbH & Co. KG  

Leonidas Associates III GmbH & Co. KG

te Solar Sprint IV GmbH & Co. KG 

UDI Energie Festzins II – XIV

Umwelt Direkt Invest

 Green City Energy Kraftwerkspark II und III

Green City AG

BS Relax der BackupSuisse Deutschland GmbH

Jenabatteries GmbH

Erfolgreich im Bank- und Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Dr. Gasser ist seit über 10 Jahren im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht tätig. Er ist seit vielen Jahren Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Bank- und Kapitalmarktrecht“ des Deutschen Anwaltsvereins und auf den Gebieten des Anlegerschutzes und des Kapitalanlagerechts bundesweit erfolgreich tätig.

Dr. Ingo Gasser im Portrait