gesetzliche voraussetzungen


Vorfälligkeitsentschädigung Immobiliendarlehen vermeiden und zurückverlangen


Verbraucher, die ihren Immobilienkredit vor Ablauf der vereinbarten Zinsbindung ablösen wollen, haben aufgrund der seit 21.3.2016 geltenden Gesetzeslage und aktueller Gerichtsentscheidungen häufig sehr gute Erfolgsaussichten: ohne Vorfälligkeitsentgelt Kredit ablösen.

Ein bereits gezahltes Vorfälligkeitsentgelt können sie von der Bank zurückzufordern. Sind die Angaben im Darlehensvertrag unzureichend, hat die Bank keinen Anspruch auf VfE. Der Verbraucher kann dann bei Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne von § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB das Darlehen vorzeitig zurückzahlen und braucht keine VfE zu zahlen.

Sollte die VfE bereits gezahlt worden sein, beispielsweise, in dem die Bank bei der Grundschuldablösung zu Unrecht einen Betrag für die Löschungsbewilligung eingerechnet hat, kann der Verbraucher diesen Betrag von der Bank zurückfordern.


Wann entfällt die VfE ?

Rechtlicher Ausgangspunkt ist § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB für Verträge ab dem 21.3.2016. Danach ist im Falle der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens der Anspruch auf VFE ausgeschlossen, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der VFE unzureichend sind.

Vor dem 21.3.2016 war § 502 BGB auf grundpfandlich gesicherte Immobiliarkredite nicht anwendbar. Hier bleibt zu prüfen, ob ein Darlehenswiderruf möglich ist. Für Darlehensverträge ab dem 21.3.2016 gilt, dass der Bank auch bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag keine VfE zusteht, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der VfE unzureichend sind (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Erfreulich für den Verbraucher: die Gerichtsurteile, nach denen die Angaben der Banken unzureichend sind, nehmen ständig zu.

Mit dem aktuellen Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 26.1.2023 (4 U 134/21) liegt nunmehr ein Urteil eines Oberlandesgerichts vor, dass insbesondere den Kunden von Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie des Sparkassenverbundes die Möglichkeit eröffnet, die VFE zu vermeiden und bereits gezahlte Beträge zurückzufordern.


Das OLG Saarbrücken hat drei rechtliche Gesichtspunkte erkannt, aufgrund derer eine unzureichende Information über die Berechnung der VFE durch die Bank erteilt worden ist:


1. Die fehlerhafte Information über den Zeitraum der geschützten Zinserwartung

2. Unzureichende Belehrung über die Berechnung des Zinsschadens unter Zugrundelegung der Renditen von „Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner“

3. Der fehlende Hinweis auf die Berücksichtigung der Sondertilgungsoption


Sehr gute Chancen haben somit Kreditnehmer, bei denen folgende Voraussetzungen gegeben sind:

• Immobiliendarlehensvertrag als Verbraucher abgeschlossen ab dem 21.3.2016

• Unklarer oder fehlerhafter Hinweis über die Berechnung der VFE


Keine Vorfälligkeitsentschädigung bei Restschuldversicherung

Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus Mitteln einer Versicherung erfolgt, die aufgrund der Vereinbarung im Darlehensvertrag geschlossen wurde, um die Rückzahlung sicherzustellen. Gemeint ist insbesondere die Restschuldversicherung. Eine Versicherung, die der Sicherung der Rückzahlung dient, erfüllt ihren Sinn nur, wenn das abzusichernde Risiko mit Auszahlung der Versicherungssumme entfällt. Der gesetzgeberische Gedanke ist, dass sich der Darlehensgeber, wenn auch konkludent, damit einverstanden erklärt, dass das Darlehen mit Fälligkeit der Versicherung zurückgezahlt wird. Hat die Bank in einem solchen Fall dennoch Vorfälligkeitsentschädigung berechnet, kann der Darlehensnehmer diese zurückfordern.


Voraussetzungen für den Ausschluß der VfE gem. § 502 Abs.2 Nr.2 BGB


Bei § 502 BGB geht es um die vorzeitige Rückzahlung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens.  Diese ist möglich, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht, § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die vorzeitige Rückzahlung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens ist zu unterscheiden von der außerordentlichen Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer, die nachfolgend dargestellt wird.

 § 502 BGB regelt, wann eine VfE zu zahlen ist (Abs. 1), wann sie ausgeschlossen ist (Abs. 2) und welche Beträge nicht überschritten werden dürfen (Abs. 3). Nach § 502 Abs. 2 BGB ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die zum Zwecke der Absicherung der Rückführung des Darlehens ausgeschlossen wurde oder im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der VfE unzureichend sind.

Das ist der entscheidende Ansatzpunkt, um ohne VfE aus dem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag herauszukommen und um eine bereits gezahlte VfE zurückzuverlangen.

Viele Darlehensverträge genügen den Voraussetzungen nämlich nicht. Es kann sich für den Darlehensnehmer in der Situation, dass der Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag vorzeitig zurückgezahlt werden darf, weil hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht (§ 500 Abs. 2 Satz 2 BGB), somit sehr lohnen, die entsprechenden Angaben im Darlehensvertrag überprüfen zu lassen. Ebenso gilt dies für Verbraucher, die die VfE bereits gezahlt haben und diese nun zurückfordern möchten.

Zu unterscheiden ist die vorzeitige Rückzahlung des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages von der außerordentlichen Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer. Die außerordentliche Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer ist geregelt in § 490 Abs. 2 BGB.

Das in § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB genannte Vorfälligkeitsentgeld betrifft einen anderen Fall und ist nicht gleichzusetzen mit der VFE im Sinne von § 502 BGB. Deshalb soll die außerordentliche Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmerhier ebenfalls kurz dargestellt werden.


Außerordentliche Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer


In § 490 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass der Darlehensnehmer unter bestimmten Umständen ein außerordentliches Kündigungsrecht hat. Die Kündigungsfrist beträgt dann 3 Monate, § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Folgende Voraussetzungen bestehen für eine außerordentliche Kündigung durch den Darlehensnehmer gemäß § 490 Abs. 2 BGB:

• es muss ein wirksamer Darlehensvertrag abgeschlossen sein

• der Darlehensvertrag muss einen gebundenen Sollzinssatz vorsehen

• der Darlehensvertrag muss eine grundpfandrechtliche Sicherung des Darlehens vorsehen

• seit dem vollständigen Empfang des Darlehens müssen mindestens 6 Monate vergangen sein

• die berechtigten Interessen des Darlehensnehmers müssen die vorzeitige Kündigung des Darlehens gebieten

Auf die Beweggründe und die Ursache eines berechtigten Interesses kommt es nicht an. Der Regelfall ist das Bedürfnis zur anderweitigen Verwertung des Grundstücks, insbesondere durch Verkauf (auch Versteigerung) aus geschäftlichem oder privatem Grund (Umzug, Geldbedarf, Scheidung), auch die Gelegenheit, zu einem besonders günstigen Kaufpreis verkaufen zu können.


Vorfälligkeitsentschädigung umgehen, weil die Angaben über die Laufzeit des Vertrages nicht klar und verständlich sind

Ein Anspruch auf VfE steht der Bank dann nicht zu, wenn die Angaben über die Laufzeit des Vertrages nicht klar und verständlich sind. Hierzu gibt es bereits Vorgaben durch die Rechtsprechung: es genügt, unbefristete Verträge als solche zu kennzeichnen. Eine vereinbarte Laufzeit kann mithilfe eines Enddatums oder der Laufzeitdauer ausgedrückt werden. Fehlt die Angabe im Vertrag selbst, ist der Darlehensnehmer nach § 494 ab 6 Satz 1 BGB jederzeit zur Kündigung berechtigt. Ein Vorfälligkeitsentgelt steht der Bank dann nicht zu.


Eine Klausel zur Vertragslaufzeit lautet in den Verträgen der DSL-Bank beispielsweise:


„Die Vertragslaufzeit des Darlehens hängt von dem Zeitpunkt der Zuteilung eines Bausparvertrages ab. Das Darlehen ist spätestens nach 23 Jahr (en) und 1 Monat(en) mit dem fällig werdenden Bausparvertrag zurückzuzahlen. Zu diesem Zeitpunkt wird das Darlehen zur Rückzahlung fällig.“


Zu den Besonderheiten bei Darlehen mit Bausparverträgen heißt es in den Formularen der DSL Bank:


„Bei Zinszahlungsdarlehen (endfällige Darlehen) mit Bausparvertrag ist der Darlehensnehmer verpflichtet, Rückzahlung der Darlehen einen oder mehrere gleichzeitig oder nacheinander laufende Bausparverträge in Höhe der Darlehen abzuschließen bzw. zur Verfügung zu stellen.“


Ob in solchen Fällen die Vertragslaufzeit klar und verständlich beschrieben ist, erscheint zweifelhaft.



Vorfälligkeitsentgelt umgehen, weil hinreichende Angaben über die Berechnung fehlen

Aktuell: Sparkassen-Darlehensbedingungen oft unzureichend, keine VfE geschuldet!

Die Darlehensbedingungen der Sparkassen enthalten einen schwerwiegenden Fehler. Dieser hat zur Folge, dass die Sparkasse kein Vorfälligkeitsentgelt verlangen kann und bereits gezahlte VfE zurückzahlen muss. Es geht um folgende Klausel in den Darlehensbedingungen:

      „Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre.“ 

Diese Formulierung ist fehlerhaft, weil bei dem Darlehensnehmer der unzutreffende Eindruck erweckt wird, die VfE bei Immobiliendarlehen sei bis zum Ende der Zinsbindung zu berechnen. Tatsächlich hat der Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 1 Nummer 2 BGB bereits nach Ablauf von zehn Jahren ab dem vollständigen Empfang der Darlehenssumme ein Recht zur Kündigung!

Er kann das Darlehen mit einer Frist von sechs Monaten kündigen. Das Vorfälligkeitsentgelt ist deshalb zutreffender weise nur bis zum Ablauf von zehn Jahren und sechs Monaten zu berechnen und nicht bis zum Ende der Zinsbindung. Das kommt in den Darlehensbedingungen der Sparkassen nicht zum Ausdruck, sondern es wird der unzutreffende Eindruck erweckt, es könnte bis zum Ende der Zinsbindung ein Vorfälligkeitsentgelt verlangt werden. Das läßt den Anspruch der Sparkasse auf VfE komplett entfallen. Betroffene Darlehensnehmer haben deshalb sehr gute Chancen.

Das   LG Kiel und eine Reihe weiterer Gerichte haben bereits entschieden, dass die Sparkasse deshalb keinen Anspruch auf eine VfE hat. Das LG Kiel entschied, dass die Sparkasse keinen Anspruch auf die Zahlung der VfE habe, da sie deren Berechnung fehlerhaft dargestellt habe, indem sie den unzutreffenden Eindruck vermittelt hat, die VfE sei bis zum Ende der Zinsbindungsfrist zu berechnen. Diese rechtliche Würdigung ist geradezu zwingend, weil sich dieser Eindruck aus der Formulierung in den Darlehensbedingungen zwingend ergibt. 

Ein Kreditinstitut/eine Sparkasse hat bei unzureichenden Angaben zur Laufzeit des Darlehens, Kündigungsrecht oder Berechnung der VfE gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB keinen Anspruch auf ein Vorfälligkeitsentgelt. Im konkreten Fall ist die Klausel zur vorzeitigen Darlehensbeendigung fehlerhaft. Darlehensnehmer, die ein berechtigtes Interesse haben für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens z.B., weil sie ihr Haus verkaufen müssen, brauchen keine VfE zu leisten, wenn die Belehrung, wie bei der oben wiedergegebenen Klausel, unzureichend ist.

Rückzahlungsansprüche bei bereits gezahlter Vorfälligkeitsentschädigung können erfolgreich durchgesetzt werden. Hier gilt es, die Verjährung im Auge zu behalten. 

Sind Sie betroffen ? Rufen Sie an oder übersenden Sie mir Ihre Unterlagen per E-Mail und ich rufe Sie zurück. Die Erstberatung ist kostenlos und unverbindlich. Bundesweit tätig.


Nichtabnahmeentschädigung Baufinanzierung



Verlangt die Bank von Ihnen Nichtabnahmeentschädigung, weil Sie das Baufinanzierungsdarlehen nicht mehr abnehmen?


In einem derartigen Fall sollten Sie sich umgehend durch einen spezialisierten Anwalt beraten lassen.

Ist die Nichtabnahmeentschädigung in jedem Fall geschuldet, wenn das Darlehen nicht abgenommen wird? Keinesfalls!

Denn der Darlehensvertrag ist nichtig, wenn der Darlehensgeber seiner Verpflichtung zur Erteilung der Pflichtangaben in den vorvertraglichen Informationen und im Vertrag selbst nicht nachgekommen ist. Unter diesen Voraussetzungen ist auch keine Nichtabnahmeentschädigung geschuldet. Deshalb ist vorrangig zu prüfen, ob der Darlehensgeber seiner Verpflichtung im Hinblick auf die Pflichtangaben in den vorvertraglichen Informationen und im Vertrag selbst ordnungsgemäß nachgekommen ist. Dazu ist die Beauftragung eines erfahrenen Anwalts erforderlich.


Zu prüfen ist weiter, ob die Nichtabnahme der Baufinanzierung eine Pflichtwidrigkeit darstellt. Der Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung ist rechtlich ein Schadensersatzanspruch. Dieser setzt eine Pflichtwidrigkeit des Verbrauchers voraus.

Nicht jede Nichtabnahme stellt eine Pflichtwidrigkeit dar. Vielmehr erfordert dies eine umfassende Prüfung der vertraglichen Unterlagen, die nur individuell erfolgen kann.

Nutzen Sie deshalb die Möglichkeit und lassen Sie sich im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung darüber informieren, ob die Bank eine Nichtabnahmeentschädigung verlangen kann und falls Sie diese schon gezahlt haben, ob Ihnen ein Rückforderungsanspruch zusteht.

Sind Vorfälligkeitsentschädigung und Nichtabnahmeentschädigung gleichzusetzen? Nein. Der Gesetzgeber hat für die VfE beim Verbraucherdarlehen spezielle Regelungen geschaffen, die nicht ohne weiteres auf die Situation bei der Nichtabnahmeentschädigung übertragen werden können. Deshalb bedarf es einer Prüfung des Einzelfalls.

Das zeigt auch ein Anerkenntnisurteil des Landgerichts Kiel. Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser hat in dem Verfahren erreicht, dass die Commerzbank seinem Mandanten die Nichtabnahmeentschädigung zurückzahlt.

Sie fragen sich, ob Sie Nichtabnahmeentschädigung zahlen müssen oder ob sie gezahlte nicht Abnahmeentschädigung zu Unrecht gezahlt haben und diese jetzt zurückverlangen können? Lassen Sie sich im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung über Ihre Chancen informieren. Rufen Sie an 0431/99 69 70 80 oder schicken Sie mir eine E-Mail mit Ihren Unterlagen an gasser@ingogasser.de.


Ein Mann hat Geldscheine in der Hand und rechnet die Vorfälligkeitsentschädigung nach
Aktuelle Gerichtsentscheidungen zugunsten der Verbraucher schaffen Rechtssicherheit.

Unzureichende Angaben Commerzbank


In den von der Commerzbank standardmäßig verwendeten Bedingungen lautet die Information folgendermaßen:

„7. Voraussetzungen und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens (…)

Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Darlehensnehmer zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde.

Dabei differenziert die Bank wie folgt: soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristen- kongruenten Laufzeiten vorhanden sind, legt die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlt Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zu Grunde. Die Summe der so ermittelten Anlagebeträge abzüglich des noch nicht zurückgezahlten Darlehensbetrages stellt die Ausgangssumme der Vorfälligkeitsentschädigung dar.“


Diese Information ist nach dem Urteil des OLG Frankfurt vom 1.7.2020 (17 U 810/19), vom BGH bestätigt mit Beschluss vom 28.6.2021 (XI ZR 320/20), unzureichend, weil die Commerzbank es unterlassen hat, darüber aufzuklären, wie die Berechnung erfolgt, wenn Hypothekenpfandbriefe nicht vorhanden sind wie beispielsweise im Falle unterjähriger Laufzeiten.

Ansprüche der Commerzbank auf VfE können deshalb erfolgreich abgewehrt werden.



Volksbanken und Raiffeisenbanken


Mit aktuellem Urteil vom 22.12.2022 (17 O 89/22) hat das Landgericht Bonn entschieden, dass die Formulare der Volksbanken und Raiffeisenbanken, Sparda-Banken, PSD Banken und weitere Kreditinstitute, die die Formulare des DG-Verlages verwendet haben, die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen.

Das betrifft Verträge ab dem 21.3.2016. Der Darlehensgeber ist aufgrund der ab diesem Datum bestehenden Gesetzeslage verpflichtet, den Darlehensnehmer/Verbraucher über Voraussetzungen und Berechnungsmethode des Vorfälligkeitsanspruchs klar und verständlich zu informieren. Diesem Maßstab genügen die Angaben in Ziffer 8 der Vertragsunterlagen auf der Basis des Formulars des DG-Verlags nicht. Daraus geht nicht hinreichend deutlich hervor, dass es für die Ermittlung des Zinsverschlechterungsschadens der Bank nicht auf die restliche Laufzeit des Darlehensvertrages, sondern nur auf den Zeitraum der gesicherten Zinserwartung (Sollzinsbindung) ankommt.

Dieser Auffassung hat sich nunmehr das Oberlandesgericht Saarbrücken mit Urteil vom 26.1.2023 (4 U 134/21) angeschlossen. Gemäß § 489 BGB sind Immobiliendarlehen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten ohne Entschädigung kündbar, sobald 10 Jahre seit der vollständigen Auszahlung vergangen sind. Deshalb darf die Bank die VfE nur bis zum erstmöglichen Kündigungstermin berechnen. Wird in den Vertragsunterlagen jedoch der Eindruck erweckt, es könne ein Schaden über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg berechnet werden, ist dies eine unzureichende Information, die zum Verlust des Anspruchs der Bank auf VfE führt.

Darüber hinaus fehlen in zahlreichen Kreditverträgen von Genossenschaftsbanken (Volksbanken, Raiffeisenbanken Sparda-Banken) aus dem Jahre 2018 der Hinweis, dass vereinbarte Sondertilgungsrechte zugunsten des Kunden zu berücksichtigen sind. Nach Auffassung einiger Landgerichte führt dies ebenfalls zum Entfall des Anspruchs der Bank auf VfE.

Ein weiterer Fehler in Verträgen von Genossenschaftsbanken besteht in dem mitunter enthaltenen Hinweis, für die Berechnung des Zinsschadens seien die Renditen von „Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner“ maßgeblich. Nach der Besprechung des BGH (BGH, Urteil vom 7.11.2000, XI ZR 27/00) sind hingegen die höheren Renditen für Hypothekenpfandbriefe zugrunde zu legen.



KfW


Wichtig: auch die KfW-Bank hat nach einem Urteil des Landgerichts Limburg vom 22.12.2022 (Aktenzeichen: 1 O 32/22) keinen Anspruch auf VFE, wenn sie den Kreditnehmer nicht ordnungsgemäß über die Berechnungsmethode der Entschädigung informiert hat. In dem Kreditvertrag der KfW-Bank fehlte die Aufklärung ganz. In dem Vertrag wurde nur ausgeführt, dass bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens eine „Vorfälligkeitsentschädigung in angemessener Höhe“ berechnet wird. Das ist unzureichend. Denn der Darlehensnehmer bleibt völlig im Unklaren darüber, welche finanzielle Belastung auf ihn bei der vorzeitigen Ablösung des Darlehens zukommt. Deshalb hat der Darlehensnehmer Anspruch auf Rückzahlung der VfE.





Fehlerhafte oder fehlende Information über den Zeitraum der berechtigten Zinserwartung

Zu informieren ist über den Zeitraum, für den ein Vorfälligkeitsentgelt überhaupt geschuldet wird.

Falls die Zinsbindung nicht schon früher endet, sind Immobiliendarlehen gem. § 489 BGB unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündbar, sobald 10 Jahre seit Vollauszahlung verstrichen sind. In einem solchen Fall kann eine Entschädigung nicht verlangt werden.

Die Bank darf deshalb ihren Zinsverlust bei der Berechnung einer VfE immer nur bis zum ersten möglichen Kündigungstermin berechnen. Erweckt die Bank hingegen in ihren Bedingungen den Eindruck, es könne ein Schaden über die gesamte Vertragslaufzeit berechnet werden, also auch für Zeiträume, die nach 10 Jahren +6 Monaten liegen, stellt dies ein Fehler dar, der zum Verlust des Anspruchs der Bank auf eine Entschädigung führt.

Fehlender Hinweis auf Berücksichtigung der Sondertilgungsoption

In Kreditverträgen der Genossenschaftsbanken fehlt häufig der Hinweis, dass vereinbarte Sondertilgungsrechte zugunsten des Verbrauchers zu berücksichtigen sind. Unter Berücksichtigung der Sondertilgungsrechte würde sich eine niedrigere Entschädigung errechnen als bei starrer Tilgung. Ein derartiger unterlassener Hinweis läßt nach dem Urteil des Landgerichts Konstanz vom 8.12.2020 (C 4 O 155/20) den Anspruch der Bank auf VfE entfallen.

Keine Angabe des Verhältnisses der maßgeblichen Parameter bei der Berechnung des Zinsschadens

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Verbraucher mit Abschlusszeitpunkt der Immobilienfinanzierung ab dem 21.3.2016 von der Regelung des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB profitieren können, wenn der Vertrag einen unklaren oder fehlerhaften Hinweis zur Berechnung des Vorfälligkeitsentgelts oder eine Fehlinformation über das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder eine unzureichende Angabe zur Vertragslaufzeit enthält.

Rechtsanwalt Dr. Gasser bietet im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung eine Einschätzung ihrer Möglichkeiten an. Dazu werden die betroffenen Darlehensverträge benötigt. Diese können per E-Mail unter gasser@ingogasser.de übermittelt werden.

Nach einem Urteil des Landgerichts Rostock vom 10.2.2021 (2 O 872/19) sind folgende Vertragsangaben über die Berechnung des Vorfälligkeitsentgelts lückenhaft und intransparent:


„Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösungsentschädigung) durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sog. „Aktiv/Passiv-Methode“. Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre. Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen.

Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen. Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungsfrist entfallende und somit – auf Basis des effektiven Jahreszinses – zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.

Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend. Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird.

Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung für zusätzlich von Folgendem ausgegangen:

– Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernden Darlehensschuld;

– Schadensersatzmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungsrechte;

– Abzinsung der ermittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt.

Sofern der Darlehensnehmer der Sparkasse die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die Sparkasse dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Falle der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.“

Diese Information ist nach Auffassung des Landgerichts Rostock lückenhaft und intransparent. Dadurch kann für den Darlehensnehmer der Eindruck einer sehr viel größeren Belastung entstehen, welche ihn von der vorzeitigen Rückzahlung abhalten könnte.

Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser ist seit über 30 Jahren im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht tätig und gelernter Bankkaufmann. Er ist seit vielen Jahren Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Bank- und Kapitalmarktrecht“ des Deutschen Anwaltsvereins und auf den Gebieten des  Anlegerschutzes und des Kapitalanlagerechts bundesweit erfolgreich tätig.

Dr. Ingo Gasser im Portrait
Logo: Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht