Widerrufsjoker

Die Mercedes Benz-Bank hat in einem Kreditvertag widersprüchliche Angaben zu den fälligen Zinsen im Falle eines Widerrufs gemacht. Deshalb sei die Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt worden und der Widerruf auch rund eineinhalb Jahre nach Vertragsschluss noch möglich. Das entschied das OLG Köln mit Urteil vom 8. Juli 2020 (Az.: 13 U 20/19).

Der Verbraucher hatte den Kreditvertrag mit der Mercedes Benz-Bank im Oktober 2016 geschlossen, um den Kauf eines gebrauchten Mercedes C 220 zu finanzieren. Im März 2018 erklärte er den Widerruf des Autokredits. Da die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet habe, sei sein Widerrufsrecht noch nicht verfristet, argumentierte der Kläger.

Nachdem das Landgericht Köln die Klage noch abgewiesen hatte, primär weil es sich örtlich nicht zuständig fühlte, hatte der Kläger im Berufungsverfahren vor dem OLG Köln Erfolg.

Die Mercedes Benz-Bank habe widersprüchliche Angaben zu den Zinszahlungen bei einem Widerruf des Kreditvertrags gemacht, führte das Gericht aus. Unter dem Punkt Widerrufsfolgen heißt es in der Widerrufsinformation, dass beim Widerruf eines bereits ausbezahlten Darlehens ein Zinsbetrag von 0,70 Euro für die Zeit zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Kredits fällig wird. Im Gegensatz dazu heißt es in den AGB der Bank unter Punkt IX, dass bei einem Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist keine Sollzinsen fällig werden.

Die Aussagen seien nicht nur widersprüchlich, sondern die Angabe zu den Zinsen in der Widerrufsinformation auch nicht richtig, stellte das OLG Köln klar. Ein Fehler in der Widerrufsinformation könne nicht durch richtige Angaben an anderer Stelle des Vertrags geheilt werden. Die Widerrufsfrist sei daher nie in Lauf gesetzt worden und der Widerruf wirksam erfolgt, so das OLG Köln, das den Fall zur erneuten Entscheidung an das LG Köln zurückverwiesen hat.

„Der Mercedes Benz Bank sind in ihren Kreditverträgen nicht nur Fehler bei der Angabe der Zinsen unterlaufen, sondern auch bei Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel. Das OLG Brandenburg hat deshalb in zwei Urteilen bereits bestätigt, dass der Widerruf eines Kreditvertrags mit der Mercedes Bank möglich ist (Az.: 4 U 7/19 und 4 U 8/19).

Da bei Autokrediten zumeist ein sog. verbundenes Geschäft vorliegt, eröffnet der Widerruf auch die Möglichkeit, sein Auto zu günstigen Konditionen loszuwerden. Denn die Folge eines erfolgreichen Widerrufs ist die Rückabwicklung des Kreditvertrags und des Kaufvertrags. Der Verbraucher gibt dann das Auto an die Bank und erhält seine geleisteten Raten inkl. Anzahlung zurück. Im Idealfall muss er sich noch nicht einmal den Abzug eines Wertersatzes für die gefahrenen Kilometer gefallen lassen.

„Das macht den Widerruf gerade in Zeiten des Abgasskandals natürlich noch interessanter. Voraussetzung für den Widerruf ist aber nicht, dass das Auto von Abgasmanipulationen betroffen ist, sondern eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bzw. fehlerhafte Pflichtangaben der Bank vorliegen. Solche Fehler, die den Widerruf ermöglichen, sind nicht nur der Mercedes Benz-Bank unterlaufen“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

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