Dieser Rückruf lässt aufhorchen: Iveco beordert Modelle des Daily in die Werkstatt zurück. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ist aufmerksam geworden und untersucht, ob es die Rückruf-Aktion überwacht. Bei der Behörde läuft der Rückruf für den Iveco Daily unter dem Code 13T unter der Referenznummer 010493. Zahlreiche Wohnmobile basieren auf dem Iveco Daily.
Betroffen von der Rückrufaktion sind nach Angaben des KBA weltweit rund 20.000 Iveco Daily der Baujahre 2015 bis 2019. In Deutschland müssen wahrscheinlich ca. 870 Iveco Daily in die Werkstatt. Den Grund dafür gibt das KBA etwas verklausuliert an: „Durch eine ungeeignete Software können Störungen auftreten, durch die sich Verringerung von Stickoxiden ggf. verschlechtert“, heißt es in der Mitteilung der Behörde vom 5. Februar 2021. Daher müsse der Datensatz des Motorsteuergeräts aktualisiert werden.
Überhöhter Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide
„Mit anderen Worten pusten die betroffenen Modelle des Iveco Daily eine zu große Menge gesundheitsgefährdender Stickoxide in die Luft. Das soll offenbar durch ein Software-Update beseitigt werden. Auch wenn hier von einer Abschalteinrichtung offiziell nicht die Rede ist, erinnert dies doch stark an Rückrufe anderer Autohersteller, weil eine unzulässige Abschalteinrichtung entfernt werden muss“, sagt der im Abgasskandal erfahrene Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.
Völlig überraschend kämen Abgasmanipulationen bei Iveco nicht. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ließ im Sommer 2020 nicht nur Standorte von Fiat Chrysler, sondern auch von der Konzernschwester Iveco im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen bei Dieselmotoren untersuchen. Nach Angaben der Ermittler sollen die betroffenen Fahrzeuge der Baujahre 2014 bis 2019 die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß zwar im Testbetrieb einhalten, im Straßenverkehr würde der Stickoxid-Ausstoß aber wieder deutlich ansteigen – ein deutliches Indiz für eine unzulässige Abschalteinrichtung. „Der Iveco-Rückruf würde dazu passen“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.
Von den Abgasmanipulationen sollten nach Angaben der Ermittler rund 200.000 Fahrzeuge der Marken Fiat, Jeep, Alfa Romeo und Iveco betroffen sein – darunter auch Wohnmobile.
Wohnmobile basieren auf Iveco Daily
Ebenso wie der Fiat Ducato wird auch der Iveco Daily bei vielen Wohnmobilen unterschiedlicher Hersteller wie Concorde, Dethleffs, Laika und anderen als Basis verwendet. Daher trifft der Iveco-Rückruf auch viele Wohnmobil-Besitzer. Sie wissen einerseits nicht, welche Folgen ein Software-Update auf Leistung, Verbrauch oder Langlebigkeit des Motors hat und andererseits müssen sie mit einem Wertverlust der Fahrzeuge rechnen.
Solange der Rückruf noch nicht durch das KBA angeordnet wurde, müssen die betroffenen Fahrzeughalter das Update nicht aufspielen lassen. „Das ändert sich jedoch, wenn das KBA den Rückruf verpflichtend anordnet. Dann kann ohne Software-Update sogar die Stilllegung des Fahrzeugs drohen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gasser.
Anspruch auf Schadenersatz
Betroffene Iveco-Fahrer können sich jedoch auch wehren und Schadenersatzansprüche geltend machen. Die Ansprüche können sich direkt gegen den Hersteller Iveco oder innerhalb der Gewährleistungsfrist auch gegen den Händler richten.
Dass gute Chancen auf Schadenersatz bestehen, zeigt ein Urteil des Landgerichts Koblenz vom 1. März 2021 (Az.: 12 O 316/20). Das Gericht hat Fiat Chrysler Automobiles (inzwischen Stellantis) zu Schadenersatz bei einem Wohnmobil auf Basis eines Fiat Ducato wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt. „Auch der EuGH hat am 17.12.2020 klargestellt, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich unzulässig sind, wenn sie im realen Straßenverkehr zu einem erhöhten Emissionsausstoß führen“, so Rechtanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
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