Ein Audi von vorne

Audi muss einen A6 3.0 TDI im Abgasskandal zurücknehmen und dem Käufer den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer erstatten. Das hat das Landgericht Kiel mit Urteil vom 19. Oktober 2021 entschieden (Az.: 2 O 130/21). „Das Gericht hat erkannt, dass in dem Audi A6 meines Mandanten eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist und er Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hat“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel.

Der Kläger hatte den Audi A6 Avant 3.0 TDI Quattro mit der Schadstoffklasse Euro 6 im April 2016 zum Nettokaufpreis in Höhe von 65.900 Euro erworben. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnete für das Fahrzeug, wie auch für eine Reihe weiterer Audi-Modelle, einen Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung an. Das KBA bemängelte die sog. schnelle Aufheizstrategie, die im Prüfmodus zwar für eine Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes sorgt, unter normalen Betriebsbedingungen im Straßenverkehr jedoch kaum aktiviert ist, so dass die Stickoxid-Emissionen steigen. Das folgende Software-Update wurde auf das Fahrzeug des Klägers Ende 2018 aufgespielt.

„Wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen haben wir Schadenersatzklage eingereicht, zumal das Software-Update auch noch ohne Wissen meines Mandanten im Rahmen eines Werkstatt-Aufenthalts Ende 2018 installiert wurde“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser.

Die Klage hatte vor dem LG Kiel Erfolg. Audi habe das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht. Aus dem Rückruf-Bescheid des KBA gehe deutlich hervor, dass die Wirkung des Emissionskontrollsystems durch die Verwendung einer sog. Aufheizstratege in Verbindung mit einer Erkennung des Prüfzyklus unzulässig reduziert werde, führte das Gericht aus. Die Verwendung dieser unzulässigen Abschalteinrichtung habe Audi im Zulassungsverfahren verschwiegen und nur so die Typengenehmigung für das Fahrzeug erhalten.

Das Gericht machte weiter deutlich, dass ein Käufer davon ausgehen dürfe, dass ein Fahrzeug die gesetzlichen Vorgaben für die Erlangung der Typengenehmigung einhält und die Zulassung nicht „erschwindelt“ wurde. Ein solches Verhalten stehe einer arglistigen Täuschung gleich.

Diese arglistige Täuschung habe dazu beigetragen, dass der Kläger den Audi A6 gekauft habe. Es könne davon ausgegangen werden, dass er das Fahrzeug bei Kenntnis der Abgasmanipulationen nicht erworben hätte. Daher sei ihm schon mit Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden. Dieser könne auch nicht durch ein Software-Update beseitigt werden. Der Kläger habe daher Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, so das Gericht.

Audi muss den A6 zurücknehmen und den Kaufpreis (65.900 Euro netto) abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von rund 30.600 Euro für die gefahrenen knapp 162.900 Kilometer erstatten. Damit bleibt ein Entschädigungsanspruch von ca. 35.300 Euro. „Erwähnenswert ist, dass das Gericht von einer Gesamtlaufleistung von 350.000 Kilometern ausgegangen ist. Das wirkt sich für den Kläger positiv bei der Berechnung des Nutzungsersatzes aus“, so Dr. Gasser.

Rechtsanwalt Dr. Gasser hat im Abgasskandal schon mehrfach Schadenersatz durchgesetzt. Die Chancen stehen also gut. „Allerdings muss die Verjährung beachtet werden. Wer 2018 den Rückruf-Bescheid erhalten hat, sollte noch dieses Jahr tätig werden, denn Ende 2021 droht die Verjährung der Schadenersatzansprüche“, so Dr. Gasser, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal.

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