Ein Urteil des OLG Köln macht im Abgasskandal geschädigten Mercedes-Kunden Mut. Das OLG entschied, dass der Kläger hinreichend substantiiert dargestellt habe, dass Daimler in seinem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet habe. Die Klage könne nicht einfach mit dem Hinweis abgewiesen werden, dass die Behauptung zu pauschal sei, so das OLG Köln mit Urteil vom 6. September 2019 (Az.: 19 U 51/19).
„Das Urteil ist von großer Bedeutung und erleichtert Schadensersatzklagen gegen Mercedes. Das OLG stellte klar, dass ein Kläger keinen Einblick in die Produktionsabläufe des Autoherstellers haben könne. Daher dürfe sich eine Klage auf plausible Vermutungen stützen und das Gericht müsse angebotene Beweise auch erheben“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser.
Konkret ging es um die Schadensersatzklage bei einem Mercedes 220 CDI mit der Abgasnorm Euro 5, bei dem der Motor des Typs OM 651 verwendet wird. Der Kläger hatte Schadensersatz geltend gemacht, weil nach seiner Auffassung in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt und die Abgasgrenzwerte nicht eingehalten werden. Diese Vermutung untermauerte er mit Abgasmessungen einer Fachhochschule. Diese wurden zwar bei einem anderen Fahrzeug durchgeführt, es handelte sich aber um den gleichen Motortyp. Nach Einschätzung eines Sachverständigen lasse das nur den Schluss zu, dass eine illegale Abschalteinrichtung verwendet werde.
Dem LG Aachen reichte diese Argumentation nicht. Es wies die Klage ohne weitere Beweiserhebung als nicht substantiiert genug zurück. Damit habe es sich das Gericht aber zu leicht gemacht. Es hätte dem Kläger Gehör schenken und die angebotenen Beweise erheben müssen, urteilte das OLG Köln. Die Nichtberücksichtigung von Beweisangeboten und hier insbesondere der angebotene Sachverständigenbeweis stelle einen Verfahrensmangel dar, so das OLG.
Durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten würden die Kunden arglistig getäuscht. Der Vortrag des Klägers zur Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei nicht „ins Blaue hinein“ oder „aufs Geratewohl“ erfolgt. Vielmehr habe der Kläger konkrete Anhaltspunkte vorgetragen und unter Beweisantritt – Zeugen sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens – behauptet, dass in seinem Fahrzeug eine Manipulationssoftware verbaut sei, führte das OLG Köln aus. Sollte dies zutreffend sein, läge eine Täuschung und damit auch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägers vor.
Das Landgericht Aachen hätte die Klage daher nicht einfach abweisen dürfen, sondern die angebotene Beweise erheben müssen, um zu klären, ob in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wurde und der Kläger Anspruch auf Schadensersatz hat, so das OLG. Das muss das LG Aachen nun nach Beweiserhebung erneut entscheiden.
„Verschiedene Gerichte haben bereits entschieden, dass Daimler unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet hat und daher schadensersatzpflichtig ist. Nun hat sich mit dem OLG Köln auch ein Oberlandesgericht auf Seiten der Verbraucher positioniert und klargestellt, dass es eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durchaus für möglich hält“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
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